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Foto: Karin Dörpmund – 11.10.2018 in Hamburg

In Zeiten der Energiekrise rückt die Nacht wieder in unseren Fokus. In der Sendung “Die Macht der Nacht” in der Reihe “Twist” auf ARTE begegnen wir allerdings oder endlich (?) der magischen Seite der vergessenen zweiten Tageshälfte.

In dem Beitrag “Die Macht der Nacht” zeigen uns KünstlerInnen die inspirierenden Seiten der Nacht: der Vibraphon-Musiker Pascal Schumacher schickt uns mit seinem Album “Luna” in die Sphären unseres Erdbegleiters, die Lichtkünstlerin Giny Vos und die Performance-Künstlerin Anne Imhof zeigen uns ihre Schöpfungen und die niederländische Schriftstellerin Anna Woltz erzählt von Ihren neuesten Werk Nächte im Tunnel und ihre Sicht auf die Nacht.

Dass fantastische Fotografien in der Nacht entstehen können, zeigt auch der Fotograf Oskar Schlechter in Leipzig mit seiner neuen Fotoserie „Darkless“. Er lässt uns die Schönheit der Nacht durch seine Fotos der Milchstraße erleben, aber verweist auch auf die Lichtverschmutzung, durch die wir uns selbst des atemberaubenden Erlebnisses, das Weltkulturerbe Sternenhimmel, berauben. “Darkless” wird zu einem Plädoyer unseren exzessiven Lichtkonsum zu überdenken und uns für die Magie, die Schönheit und die beruhigenden Eigenschaften der natürlichen Dunkelheit wieder zu entscheiden.  

( / English version, see below)

Willkommen auf der dunklen Seite der Nacht

Halten Sie Ihre Ideen und Vorstellungen über die natürliche Dunkelheit und die Schönheit der Nacht fest.

Packen Sie sie in emotionale, tiefsinnige, originelle, heitere und/oder dramatische MicroAmberFiction!

Warum MicroAmberFiction?

Micro: Wir haben uns für unseren ersten literarischen Wettbewerb Kurzgeschichten vorgestellt.

Amber: Die Dark Sky Nord wünscht, das Thema ALAN – artificial light at night – oder auch Lichtverschmutzung weiter in das Blickfeld zu rücken (lesen Sie sich bitte auf unserer Homepage kreuz und quer durch die Artikel und gehen Sie auch zu den Partnerseiten). Dazu gehört für uns die ‘Lichtfarbe’ Amber, die wir mit einer Farbtemperatur mit ca 2.200 Kelvin verorten.

Die Texte sollen dementsprechend max. 2.200 Zeichen (ohne Leerzeichen) lang sein.

Fiction: ALAN wird sofort mit Biodiversität, Technologie, Gesundheit etc, also mit naturwissenschaftlichen Themen in Verbindung gebracht. Doch das Verständnis für unser Weltkulturerbe ‘natürlich dunkler Nachthimmel’ wollen wir jetzt auch über Geschichten vermitteln.

Und dafür brauchen wir Ihre Kreativität.

Was ist ALAN genau?

ALAN oder auch Lichtverschmutzung ist ein noch unterschätztes Phänomen unserer so genannten 24/7 Gesellschaft, die die Nacht zum Tag macht: Carpe Noctem.

Nur sehr langsam werden wir uns der Auswirkungen z. B. auf die Gesundheit, die Biodiversität, den Energieverbrauch, das Weltkulturerbe bewusst. Durch die ‘Energiekrise’ ist die künstliche Beleuchtung in der Nacht sozusagen über Nacht zu einem Thema geworden, das ein Einsparungspotenzial verspricht, aber auch mit dem Verzichtsnarrativ eng gekoppelt ist.

Die natürliche Dunkelheit ist ein Refugium für nachtaktive Lebewesen und der Erholungsraum für die tagaktiven Geschöpfe. Sprechen wir allerdings über die Dunkelheit, dann verbinden wir sie unvermittelt mit Gefahr, Rückständigkeit, Boshaftigkeit (dunkle Gedanken), Kriminalität und Verzweiflung. Schnell ist jemand ‘umnachtet’ oder dumm wie die Nacht. Ereignisse werfen einen dunklen Schatten voraus und passiert uns etwas Unangenehmes, sprechen wir von den Schattenseiten des Lebens.

Und was ist mit der Schönheit der natürlichen Nacht?

Rilke wusste es. Novalis auch.

Keiner spricht von der Dunkelheit am Ende des Tunnels, niemand wagt es, dort hineinzutreten. Keiner schreibt Epen über glorreiche Ritter des dunklen Grals, niemand träumt von Heldentaten zum Schutz der umhüllenden Nacht, der Ruhe und dem Frieden für die Augen und der Seele, dem heilenden Schlaf in der natürlichen Dunkelheit.‘ (s. Blog – fiction: Die beruhigenden Eigenschaften der Dunkelheit)

Wir haben unsere Verbindung zur natürlichen Dunkelheit auch in unserer Sprache verloren.

Und deshalb laden wir Sie ein, der Nacht positive Konnotationen zu schenken und die zweite Tageshälfte in Texten zu ihrer Schönheit zurückzuführen.

Natürlich darf die/der AutorIn kontrastieren, d. h. auch Geschichten mit ‘schweren’ Themen sind erwünscht. Doch vergessen Sie bitte nicht umzudenken.

Was gibt es zu gewinnen?

  1. Der wichtigste Preis: Sie werden als WegbereiterIn ein unterschätztes Thema vielen Menschen näherbringen und betreten ein neues Podium im Bereich Fiction. Durch die Veröffentlichung auf unserer Homepage wird eine breite Leserschaft Ihr Werk kennenlernen. Und auch auf unseren Vorträgen werden wir Ihre Geschichte, Ihre Sicht auf die Schönheit der Nacht den Menschen näherbringen.
  2. Der erste Preis ist eine Sternenführung mit Sabine Frank im Biosphärenreservat Rhön (von der International Dark Sky Association (IDA) anerkannter Sternenpark). Sabine Frank ist Sternenparkkoordinatorin im Biosphärenreservat und eine Verfechterin der natürlichen Dunkelheit. Sie berät überregional Städte, Kommunen und Gemeinden die öffentliche und auch die private Beleuchtung nachhaltig zu gestalten und unterstützt viele Organisationen aus dem Dark Sky Bereich mit ihrer Kompetenz.
  3. Der zweite Preis ist das Buch des Astrofotografen Bernd Pröschold: Reiseziel Sternenhimmel: Die dunkelsten Beobachtungsplätze in Deutschland und Europa. Bernd Pröschold ist einem größeren Publikum durch astronomische Zeitraffervideos bekannt geworden. Er arbeitet mit einer Technik, die unter dem Schlagwort “Holy Grail Timelapse” bekannt wurde. Er ist Mitglied im Fotografennetzwerk TWAN (The World at Night).
  4. Der dritte Preis ist eine Semlos Leselampe, Augenschutz Bernstein Klemmlampe für ein augenschonendes Schreiben und Lesen und einen sich anschließenden gesunden Schlaf.

Rahmenbedingungen

Eingereicht werden kann pro TeilnehmerIn nur ein bisher nicht in einem Printmedium oder digital veröffentlichter Text.  

Zu Ihrem Beitrag senden Sie bitte eine kurze Vita ein (u. a. mit Namen, bisheriger literarischer / künstlerischer Werdegang, Bezug zu den Themen Dunkelheit – Nacht – Astronomie – Webseite etc.), die bei einer Veröffentlichung mit abgedruckt werden kann/soll. Eine anonyme oder die Veröffentlichung unter Pseudonym ist aber auch möglich. Bitte teilen Sie es uns mit.

Zudem senden Sie bitte separat, rein für die interne Verwendung, Ihre Kontaktdaten mit: Name, Adresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummer und auch nochmal den Titel Ihres MicroAmberFiction-Beitrags zur besseren Zuordnung und Arbeitserleichterung.

Mit der Teilnahme an dem Wettbewerb versichern die TeilnehmerInnen, dass der eingesandte Beitrag selbst verfasst ist und keine Rechte Dritter verletzt werden. Des Weiteren erklären sich die TeilnehmerInnen damit einverstanden, dass der Textbeitrag (im Ausschnitt oder komplett – zu Werbezwecken) auf der Homepage der Dark Sky Nord – Bremen und Umzu – Initiative für nachhaltige Außenbeleuchtung und andere Medien (z. B. unserem Werbeflyer, Roll-Ups) und auf Vorträgen veröffentlicht wird. Es verbleiben alle Rechte bei den AutorInnen. Der Dark Sky Nord wird lediglich ein nichtexklusives Abdruckrecht (print – Werbeflyer – digital – Homepage) eingeräumt, räumlich und zeitlich unbegrenzt. Die AutorInnen können also weiterhin über den eigenen Text ansonsten frei verfügen.

Ein Anspruch auf ein Honorar besteht nicht.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keine Stellungnahmen zu einzelnen Texten geben werden.

  • Die Text-Beiträge bitte ausschließlich als WORD-Dokument elektronisch einsenden – kein PDF
  • 2.200 Zeichen (nicht Wörter, das war leider ein Fehlerteufel in der Kurzfassung) – OHNE Leerzeichen
  • Schriftart: Segoe Ul
  • Schriftgröße: 12 pt
  • Zeilenabstand: 1,5
  • Ohne Zeilen-Nummerierung

Einsendeschluss: 20. April 2023 (Neumond),

E-Mail-Adresse: amber-fiction@darksky-nord.de

Die Bekanntgabe der Gewinner wird am 13. August 2023 erfolgen.

(Zum Thema Amber: Unter 2200 Kelvin ist die Energieeffizienz zur Zeit noch nicht gut. 1700 Kelvin gibt es zwar auch und wäre für äußerst naturnahe Bereiche möglich, trotz schlechter Effizienz, aber allgemein und für Siedlungen sollte man nicht niedriger als 2200 Kelvin gehen.)

MicroAmberFiction – New Competition

Welcome to the Dark Side of the Night

Capture both your ideas and imagination about natural darkness and the beauty of the night.

Wrap them up in emotional, deep, original, light-hearted and/or dramatic MicroAmberFiction!

So, why MicroAmberFiction?

Micro: For our first literary competition, we will focus solely on short stories containing a maximum of 2,200 characters (without spaces).

Amber: Dark Sky Nord aims to bring the issues of ALAN (artificial light at night) and light pollution further into the focus of public attention. Important to the subject of light pollution is the ‘light colour’ amber, which we define with a colour temperature of around 2,200 Kelvin. For more information and articles on light colour and light pollution, please visit our homepage and partner sites!

Fiction: ALAN is often directly associated with scientific topics such as biodiversity, technology, health, etc., but we also understand that stories told through literature play an important role in broadening our understanding of world cultural heritage ‘naturally dark night skies’.

And for that, we need your creativity!

What is ALAN, exactly?

ALAN is a vastly underestimated and misunderstood product of our 24/7 society and only slowly will we become more aware of the increasing effects of this phenomenon on, for example, human health, biodiversity, energy consumption and world heritage. Yet, perhaps the most significant consequence of ALAN is already blindingly clear – over the last century we have come closer than ever before in turning night into day (Carpe Noctem). Interestingly, as a result of our current energy crisis, ALAN has become a major topic-of-interest in the west (seemingly overnight) by representing a cost-saving solution to the problem of mass energy shortages.

Natural darkness offers a refuge to nocturnal animals and a time of rest to others. However, when we talk about darkness, we immediately associate it with danger, backwardness, dark thoughts, crime, and despair. In German, someone can be ‘dumb as the night’. We also describe events as ‘casting a dark shadow’ and, when something unpleasant happens to us, we talk about the ‘dark side of life’.

And what about the beauty of the natural night?

Rilke knew it. Novalis too.

‘No one speaks of the darkness at the end of the tunnel, no one dares to step into it. No one writes epics about glorious knights of the dark grail, no one dreams of feats to protect the enveloping night, the stillness and peace of the eyes and soul, the healing sleep in the natural darkness.’ (see blog – fiction: The Soothing properties of darkness – up till now only the German version is available: Die beruhigenden Eigenschaften der Dunkelheit )

We have lost our connection to natural darkness in our language as well.

And that’s why we invite you to give positive connotations to the night and to return the second half of the day to its beauty in texts.

Of course, the author may use contrast which means that stories with ‘severe’ themes are also welcome. But please don’t forget to rethink.

What is there to win? What about the prize?

  1. The most important prize: As a pioneer in light pollution fiction, you will help bring a fringe topic in environmental concern closer to many people and also help to establish a new podium in the field of fiction. Via our homepage, a broad readership will get to know your work! And in our lectures, we will bring your story – your unique view of the beauty of the night – to the people.
  2. First prize: A star tour experience with Sabine Frank in the Rhön Biosphere Reserve – recognized by the International Dark Sky Association (IDA) as a star park. Sabine is the star park coordinator at the biosphere reserve and an advocate for natural darkness. She advises cities and municipalities nationwide on how to make public and private lighting sustainable and supports many organizations in the Dark Sky area with her expertise.
  3. Second prize: The book Destination starry sky: The darkest observation sites in Germany and Europe by astrophotographer Bernd Pröschold. Bernd became known to a larger audience through astronomical time-lapse videos. He works with a technique that has become known under the catchphrase “Holy Grail Timelapse”. He is a member of the photographer network TWAN (The World at Night).
  4. Third prize: A Semlos reading lamp – an amber reading/writing clamp lamp which promotes healthy sleep by being easy on the eyes.

General Conditions

Only one text may be submitted per participant. This text cannot have been previously published in print or online.

Please send a short CV with your contribution containing, amongst other things, your name, a link to your website, details and dates of your literary/artistic career, and references to the topics of darkness, night, and astronomy in your work. This information may be published with your writing. Anonymous publication or publication under a pseudonym is also possible! Please let us know.

In addition, please send your contact details to usseparately, for internal use: this includes your name, address, e-mail address, telephone number and the title of your MicroAmberFiction contribution! This information helps us greatly.

By participating in this competition, participants ensure that the submitted contribution was written by them and that no rights of third parties are violated. Furthermore, participants agree that the text (in part or in full) may be published on the website of Dark Sky Nord – Bremen and Umzu – Initiative for Sustainable Outdoor Lighting (https://www.darksky-nord.de), as well as in public lectures and distributed media (advertising flyers, roll-ups, etc.). All rights remain with the authors. Dark Sky Nord is only granted a non-exclusive right to distribute texts (in print via advertising flyers and digitally on our homepage). This right is unlimited in terms of space and time. Authors are therefore free to distribute their own text.

There is no entitlement to a fee.

Please understand that we will not comment on individual texts.

  • Text contributions must be sent electronically as a Word document – not PDF
  • 2,200 characters (not words) – NO spaces
  • Font: Segoe Ul
  • Font size: 12 pt
  • Line spacing: 1.5
  • Without line numbering

Deadline: April 20, 2023 (new moon),

Email address: amber-fiction@darksky-nord.de

Winners will be announced on August 13, 2023.

(On the subject of amber: Energy efficiency is currently not good below 2200 Kelvin. 1700 Kelvin also exists and would be possible for extremely natural areas, despite poor efficiency, but in general and for settlements one should not go lower than 2200 Kelvin.)

Santiago de Chile – Sky Costanera – Juli 2018 – Foto: Lutz Dörpmund

Es war weit nach Vierundzwanzig Uhr. Der Lärm von bremsenden Autos und Bussen auf nassem Asphalt, anfahrenden LKWs, von lärmenden Menschen, die aus den Clubs, Theatern und Kinos kamen, ihr Lachen, ihre Schritte, ihr Rufen, krabbelte wie Trolle genauso unbarmherzig wie das künstliche Licht der nicht abgeschirmten Laternenflut der Stadt die Fassade hoch hinauf in die Räume eines Visual-Loft.

Die Lichtinstallationen an den Glaswänden der umliegenden Hochhäuser imitierten abwechselnd Wasserfälle unter einem Regenbogen und Schriftzüge weltumspannender Markendesigner von Skybeamern gezeichnet. Auch Sky Costanera leuchtete dem stellaren Lichtkunstparcour hoch über der Stadt entgegen, bereit es mit ihm aufzunehmen, gewann den ungleichen Zweikampf mit dem Himmel und weichte die astralen Strukturen zu einer pastösen Masse auf. Das Orange der Natriumdampflampen auf den Straßen der Vergangenheit musste schon vor einigen Monaten sein Haupt vor der neuen Leuchtdiodenlichtzeit neigen, löste sich auf und verschwand genau wie der Himmel – spurlos. Die Moderne unterstand jetzt dem Regime der Energieeffizienz, der großen Hure Rebound. Ganz Santiago, wie alle Großstädte der Welt, stand im Skyglowverbund der planetaren illuminierten Netzwerke und sog alles um sich herum unbarmherzig in den Lichtsmog ein.

Die Lichtfluter in Seths Visual-Loft ließen die Wände in Blau- und Rottönen erzittern. Die Fotografien von glänzenden Orten und glänzenden Menschen wurden von violetten Leuchtstreifen umrahmt. Auf dem Flur, im Bad und im Schlafzimmer waren es Grün-, Orange- und Gelbtöne, durch dezent versteckte Bodenstrahler präzis an die Decke projiziert, die sich selbstbewusst der Kakophonie des eindringenden Lichtspektakels der Stadt entgegenstellten, um zu dominieren.

Hier residierte Seth, der Farbwechsler, das Chamäleon der Moderne.

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Wir engagieren uns seit einiger Zeit im Bereich der Lichtverschmutzung.

Die anstehende Erneuerung der ausgefallenen Straßenlampe (Roggenkampsweg in Bremen) haben wir zum Anlass genommen am 15.10.22 einige Messungen durchzuführen.

Der weltweite LED-Trend hat in den letzten zehn Jahren das Problem der Lichtverschmutzung verschärft. Das liegt daran, dass LEDs kurzwelliges (blaues) Licht emittieren. Dadurch kann der Schlaf-Wach-Rhythmus von Menschen und vielen Wildtieren gestört werden.

§ 3 Abs. 2 BlmSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz): (künstliches) Licht, welches auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkt, ist eine Immission. (Also, wenn künstlich, meistens leider eine Lichtverschmutzung.)

Bundesnaturschutzgesetz: NEU seit Juni 2021 – § 41 a – Schutz von Tieren und Pflanzen vor nachteiligen Auswirkungen von Beleuchtungen. (Auch Lichtverschmutzung führt zu Artensterben!)

Das Land Bremen installiert neue Lampen mit max.(?) 3000 Kelvin. – Leider wird dabei oft nicht auf das Lichtspektrum geachtet. Sprich, der schädliche Blauanteil ist noch vorhanden. – Ebenfalls wird die Lichtintensität vernachlässigt. Sie sollte laut wissenschaftlichen Untersuchungen bei Hauptstraßen zwischen 7,5 und 15 Lux und bei Anwohnerstraßen bei max. 3 Lux liegen.

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Sternwarten haben es nicht leicht.

Sternwarten und der Wunsch der AmateurastronomInnen den Wert des Weltkulturerbes den Menschen zu vermitteln, werden oft als ‘Hobby’ betrachtet.

Dann wird die Lichtverschmutzung – ALAN (artificial light at night) – oft ‘nur’ als eine störende Randerscheinung und als ein ‘Hobbyproblem’ gesehen.

Sternwarten haben es wie gesagt nicht leicht. Auch die Volkssternwarte in Langwedel nicht.

Aber sie können etwas unternehmen: sie können die Bevölkerung umfassend informieren.

Das geschah am 24. September 2022, ein Sonnabend, in Daverden im wunderschönen Küsterhaus.

Die Volkssternwarte Langwedel e. V. zusammen mit der Dark Sky Nord – Bremen und Umzu lud die Bürgerinnen und Bürger zu einem Informationstag zum Thema Lichtverschmutzung ein.

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Der Petitionsausschuss beriet unsere Petition [Aktenzeichen: L20-520 (Minimierung der Lichtverschmutzung]) in einer öffentlichen Sitzung am Freitag, dem 9. September 2022 im Haus der Bremischen Bürgerschaft. Als Petenten erhielten Karin Dörpmund und Marcus Leuthäuser die Gelegenheit, die Dringlichkeit der Reduzierung der Lichtverschmutzung im allgemeinen und besonders die Reduzierung der Lichtintensitäten und der Farbtemperaturen in der Sitzung mündlich vorzutragen.

Die jeweiligen Ressorts erhielten auch die Gelegenheit, in der Sitzung zu unserer Petition Stellung zu nehmen. Die Senatorin Frau Maike Schäfer war nicht zugegen.

Aus dem Antwortschreiben der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau vom 08. August 2022 geht hervor, welche Schritte bereits umgesetzt wurden bzw. werden:

“In Bremen werden seit Jahren umfangreiche Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung unternommen:

  • Erneuerung alter konventioneller Leuchten gegen LED-Leuchten mit gerichtetem Licht
  • Reduzierung der Leistung von LED-Leuchten um 50% in den Nachtstunden.
  • Einsatz von LED-Leuchten mit einer Lichtfarbe von maximal 3.000 K.
  • Alle in Bremen eingesetzten technischen Leuchten senden kein Licht in den oberen Halbraum aus (ULOR=0).
  • Der Lichtstrom neuer LED-Leuchten wird im Vergleich zu den alten konventionellen in der Regel etwa halbiert
  • Reduzierung der Lichtpunkthöhen bei Neubau und Erneuerung.
  • Durchführung von Pilotprojekten der bedarfsgerechten Beleuchtung.
  • Rückbau kompletter Beleuchtungsanlagen (z.B. Nordwestknoten, A270 etc.)”

Die angeführten Punkte, die in dem Antwortschreiben genannt wurden, beantworten die Fragen nach der Dringlichkeit, die Lichtverschmutzung in Bremen und dem Umland zu reduzieren, nur ansatzweise und es bedarf z. B. auch den Einbezug einer umweltgerechten Lichtplanung in Baugenehmigungsverfahren (Stichwort: Lichtplanung auch im Hinblick von §41a des Bundesnaturschutzgesetzes bzw in Vorbereitung darauf). Viele Fragen konnten auf der Sitzung nicht beantwortet werden.

Fazit:

Unsere Petition hat insofern Erfolge gezeigt, weil ALAN verstärkt in die Diskussion auf der Ebene der Entscheidungsträger gehoben wurde.

Leider werden die Umrüstungen weiter fortgesetzt und Bremen in den kommenden zwei bis drei Jahren ca. 19.000 LEDs bescheren, die angeblich insektenfreundlich sein soll (Warm-weißes Licht zwecks Insektenschutz, Quelle: Bremennews Artikel: Bremen rüstet 19.000 Lampen auf LED um).

Auch steht immer wieder fast hauptsächlich die Energieeffizienz im Vordergrund und höhere Investitionen in hochwertigere Beleuchtungsanlagen, deren Auswirkungen auf die Gesundheit und die Biodiversität erst in einigen Jahrzehnten zum Tragen kommen, werden als zu kostspielig bewertet, obwohl der Verlust der Gesundheit und der Biodiversität sich unseren Kalkulationsmodellen entzieht.  

Marcus und Karin beim verdienten Kaffee

Eine Woche später wurden wir gebeten, unsere unbeantworteten Fragen zusammenfassend an den Petitionsausschuss zu senden.

Dies sind die Themen, zu denen wir eine Stellungnahme erwarten. Wir erlaubten es uns, Hinweise zu Quellen zu geben und unsere Sicht auf die Problemlage deutlich zu machen (kursiv).

Sitzung des Petitionsausschusses am 9. September 2022 – Aktenzeichen: L 20/520

Aus dem Antwortschreiben der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau vom 08. August 2022 geht hervor, welche Schritte bereits umgesetzt wurden bzw werden.

Mehrere Punkte, die in dem Antwortschreiben genannt wurden, erschlossen sich nicht und konnten auf der Sitzung auch nicht bantwortet werden.

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Am Dienstag, den 6. September 2022 luden Elisabeth Woesner (NABU-Schmetterlings-AG) und die Dark Sky Nord – Bremen und Umzu – Initiative für nachhaltige Außenbeleuchtung zu einem Vortrag im Schlauen Haus, Schlossplatz 16 in Oldenburg ein.

Karin Dörpmund und Marcus Leuthäuser vermittelten grundlegende Informationen zum Thema Lichtverschmutzung und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit, Biodiversität (u. a. auch das Wattenmeer), Sicherheitsaspekte, Gesetzesgrundlagen und machten Vorschläge für einen umweltfreundlichen Einsatz von Leuchtmitteln.

Besonders konzentrierten sich Fragen auf den Bereich der spektralen Empfindlichkeit von Insekten und welches Spektrum letztendlich noch für eine Beleuchtung in der Nacht adäquat sei. Dass das kurzwellige Licht (von blau bis grün) in der Nacht zu reduzieren sei, weil es in die Morgenstunden gehört, stellte den Begriff ‚insektenfreundlich‘ infrage, denn das sensitive Stadium der Insekten kann bis zu ca 550 nm reichen. Die drei Parameter: Beleuchtungsstärke, Lichtgeometrie und Lichtfarbe müssen immer zusammenspielen, wenn ein effektiver Insektenschutz angestrebt wird.

Diskutiert wurden auch Fragen der Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben und die Vorteile, die Kommunen, Städte und Gemeinden haben, weil es eben keine gesetzliche Beleuchtungspflicht gibt.

Tief im Teufelsmoor befinden sich noch einige in Niedersachsen selten gewordene Orte: Orte, an denen es nachts noch (fast) „ganz dunkel“ wird. So dunkel, dass man mit bloßem Auge die Milchstraße erkennen kann. Diese Orte sind in „Speckgürtelgemeinden“ wie Ritterhude und Metropolregionen wie Bremen ausgestorben, diese liegen unter sogenannten „Lichtglocken“.

Durch die immer billiger werdende Lichttechnik (LED) nimmt die (Dauer) Beleuchtung auch im Privaten, z.B. in Gärten, rasant weiter zu. Hinzu kommt fehlgeleitete Beleuchtung, wie „Streulicht“ von Straßen- oder Hauslaternen, unnötige Dauerbeleuchtung öffentlicher Gebäude, grelle Werbemittel und schädliche „Lichtfarben“.

Diese sogenannte „Lichtverschmutzung“ hat weitreichende Auswirkungen. Der weitestgehend ungesteuerte Einsatz von Kunstlicht hat einen großen Einfluss auf die Biodiversität. Das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen gerät aus dem Takt. Jeden Sommer sterben rund 100 Milliarden Insekten an Straßenlaternen. Vögel brüten früher und singen nachts. Schlafplätze von Tieren in Büschen und Bäumen werden beleuchtet. Zugvögel werden in der Orientierung gestört. Menschen schlafen schlechter. 

Sparsameres und gezielter eingesetztes Kunstlicht birgt ein großes und bisher ungenutztes Energiespar- und damit Klimaschutzpotential. Rd. 9 Millionen Straßenleuchten inkl. Plätzen und Gebäuden erzeugten 2009 in Deutschland rd. zwei Millionen Tonnen CO2. Von diesem Licht wurde rund ein Drittel fehlgeleitet, und hätte bei gezieltem Einsatz eingespart werden können.

Zu beachten sind bei der Lichtsteuerung jedoch auch die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung und des Straßenverkehrs oder nachtarbeitender Betriebe und Arbeitnehmer:innen. 

Der „Schutz der Nacht“ ist daher ein wichtiges Zukunftsthema mit ganz vielfältigen Aspekten. Jeder Einzelne kann mit einfachen Maßnahmen (z.B. Bewegungsmelder, Abschalten in der tiefen Nacht) jedoch bereits einen Beitrag zur Verbesserung leisten. Im Zuge der Energiekrise werden aktuell auch bereits erste Schritte, jedoch aus anderen Gründen, unternommen.“

Aus der Pressemitteilung des SPD-Ortsvereins Ritterhude vom 14.08.2022

Die Dark Sky Nord – Bremen und Umzu erhielt am 31.08.2022 die Gelegenheit, zu einigen der Querschnittsthemen (Biodiversität, Gesetzeslage, Beleuchtungstechnik, Sicherheit und Gesundheit) auf der Informationsveranstaltung des SPD-Ortsvereins Ritterhude (Ankündigung im Weser Kurier) zu der Frau Anissa Müller Florindo eingeladen hatte, zu informieren. Sie ist seit 2017 Mitglied der SPD, seit 2020 Vorsitzende und Sprecherin des Vorstandsteams und … Amateurastronomin. Die Errichtung eines Supermarktes, die gefallenen Preise für LEDs und die Unkenntnis der Bevölkerung über die Auswirkungen der Lichtverschmutzung machen auch ihr, genauso wie allen AstronomInnen, schwer das Weltkulturerbe zu pflegen.

Außerdem, so teilte Frau Müller Florindo uns mit, macht im Landkreis Osterholz-Scharmbeck eine Initiative namens ‘Naturpark Teufelsmoor’ sich für den Erhalt der letzten ‘dunklen Flecken’ stark, auch wenn die Einrichtung eines Dark Sky Reserve aufgrund der Nähe Bremens mit seiner hohen Lichtverschmutzung zur Zeit wohl noch ein Wunschtraum ist.

Aber bekannterweise können Träume wahr werden.

Ein erster Schritt ist die Information zu dem Thema ALAN und die Kommunikation. Anette Lennarz und ich konnten am letzten Mittwoch einen Grundstein legen, um weitere Projekte anzustoßen. U. a. durften wir Frau Lena Rebenstorff (Vorsitzende SPD Ortsverein Ritterhude und stellv. Fraktionsvorsitzende und Ratsfrau Ritterhude), den SPD Landtagskandidat Osterholz-Scharmbeck, Herrn Frederik Burdorf, Herrn Youri Steeneck (Jungsozialisten in Deutschland, auch Kreistag OHZ) und die Kreistagsabgeordnete Frau Birgit Borow unter den Zuhörenden begrüßen. Die Themen des Vortrags trafen auf viel Resonanz und luden zu einer zielführenden Diskussion ein. Auch die Möglichkeit, die Lichttemperaturen vier verschiedener LEDs per Spektrometer zu ‘erfahren’, dienten als Anschauungsbeispiele.

Die Dark Sky Nord – Bremen und Umzu freut sich auf die weitere Zusammenarbeit und vielleicht auch den Beginn eines gemeinsamen Projekts in Richtung “Dark Sky Reserves – Teufelsmoor”.  

von Links nach Rechts: Frau Lena Rebenstorff, Fau Anissa Müller Florindo, Karin Dörpmund und Anette Lennarz.

Es war ein angenehm kühler Abend.

Es war ein normaler Tag. Er war ein normaler Mensch an einem normalen Tag.

Der Wecker hatte zuverlässig um 06:30 Uhr geklingelt. Das blaue Handtuch hing frisch immer freitags aus dem Wäschetrockner auf seiner Seite, links. Rechts war ihre Seite, das Handtuch altrosa. Der Vormittag verlief regelmäßig. Nach dem Frühstück in Begleitung des Hausfrauensenders, nur ein gekochtes Ei zu Brot, Butter und Marmelade, Erdbeere, manchmal auch Kirsche, selten, und Tageszeitung lesen, einkaufen, auf das Mittagessen warten, Mittag essen, auf den Kaffee warten, dabei das Auto waschen oder irgendwas mit Auto oder Garage, Kaffee trinken, auf das Abendbrot warten, dabei mit dem Nachbarn rechts Recht haben oder dem Nachbarn links dessen falsche Meinung klar machen, Abendbrot essen.

Nach einem langen Tag des Regelmäßigen stand er vom heimatlichen, einem karobetischdeckten Küchentisch auf und befand es befriedigend, dass dieser Teil des normalen Tages wieder mal ein Ende gefunden hatte. Wie jeden Tag.

Er schielte verstohlen auf das Magazin, das auf dem Stuhl neben ihm lag. Er sah das Bild auf der Titelseite an. Es elektrisierte ihn und er wünschte sich, das live zu erleben, direkt.

Sie mochte das nicht.

Sie sagte, dass sie es nicht gern am Küchentisch sähe.

Es störe sie.

Er wusste es.

Männersache. Sie habe keinerlei Beziehung dazu.

Er schon. 

Sie interessiere sich nun wirklich nicht für solche Dinge. Sie habe es noch nie getan und dass wisse er doch.

Er wusste es.

Außerdem mache es keinen Sinn und es würde niemandem helfen, bei all den hungernden Menschen auf dieser Welt. Und es kostete viel, zu viel Geld.

Es kostete.

Der Abend versprach angenehm erfrischend zu werden. Sie war ins Wohnzimmer gegangen, telefonierte mit einer Freundin. Er hörte es am Singsang ihrer Stimme und dem zu erwartenden Auflachen, dass er einmal an ihr erfrischend fand. Er erinnerte sich. Kurz. Der Abend war kühl und nur er war erfrischend. Nach dem Auflachen kamen normalerweise kurze Fragen mit kurzen Antworten.

Sie kamen.

Dann ein ‘Ach’, ein ‘Ja, Ja, wie immer’, ein ‘Was soll’s’.

Die Brise, die ins Zimmer kam, war erfrischend. Sie blätterte einige Seiten in der Zeitschrift um.

Er bemerkte sie.

Er griff zum Magazin, liebevoll und aufgeregt. Seine Hände waren verschwitzt, sein Daumen und zwei andere Finger hinterließen eine Art Fettfleck. Er wischte sie mit flinken Hinundherbewegungen an seiner Hose ab. Ein wenig zu groß, aus den Achtzigern. Am Bund eng, Ja, doch, schon. Er ging zur Küchentür, das Magazin unter eine Achsel geklemmt, einen Becher mit Karokaffee mit einem Löffel Zucker, nur wenig Milch, in der Hand, die zur Achsel gehörte. Also, ganz normal. Er sah sich um. Er meinte, sie bliebe zurück auf dem Küchentisch, vielleicht zwischen den Karos. Eingeklemmt? Eingedöst vor der Normalität.

Er sah sich im Türrahmen der Küche aus Eicherustikal um. Er sah sie nicht mehr.

Er ging auf den Flur. Er blieb am Türrahmen stehen und sah ins Wohnzimmer. Sie stand neben ihm. Sie sah vom Telefon auf und starrte beide an, hoffnungslos.

Er senkte die Augen. Sie drehte sich weg. Er lenkte die Schritte zur Haustür. Er ging nach draußen zu der alten Garage. Er nahm sie mit.

Die Nacht versprach wolkenfrei zu sein. Neumond. Hinter der Garage begann das Magazin ihn zu schnelleren Schritten zu bewegen. Er ging an den Mülleimern vorbei. Der Biomülleimer stand wieder nicht an seinem vorgesehenen Platz, bestimmt sechs Zentimeter. Er kam der Garage näher. Etwas erwachte. Er nannte es Passion. Sie mochte sie nicht. Konkurrenz. Er schaltete das rote Licht der Kopflampe an und sah auf das Titelblatt. Er musste seine Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Dann schloß er mit leicht zitternden Fingern die Tür auf und betrat sein Refugium, allein. Normal.

Seine Zeit begann. Er schaltete die Stromversorgung an, betätigte mehrere Schalter in schlafwandlerischer Selbstverständlichkeit und bediente die Knöpfe der Fernbedienung. Es begann um ihn herum zu summen und ein wenig zu knarren. Vertraute Geräusche seit Anbeginn der Zeit. So fühlte er es. Die Kuppel öffnete sich lustvoll. Sie zog sich zurück, nicht erbost, abwartend.

Er dachte an die Titelseite. Das war normal. Die erfrischende Brise betrat den Innenraum. Sie wusch das muffige Aroma der letzten Regentage aus dem kreisrunden Hort seiner Passion, doch konnte sie sie nicht wegwehen. Still und stumm, alles normal. Er öffnete den Rechner, seinen schlafenden Freund im Hibernate. Er erwachte. Er auch. Stellarium erwachte auch. Die Welt leuchtete in Rot. Sein Teleskop, sein 4,5 Zoll Newton, weiß, erwartete ihn wie ein treuer Freund. Sein Weiß fand er auch damals schon erfrischend an ihm. Immer für ihn da. An seiner Seite. Wie im Schützengraben, Hingabe, Aufgabe, für ihn da sein.

‘Was Orion verbunden hat, das soll der Mensch nicht scheiden.’ stand auf einem Poster, das in all den Jahren seine Farben an sie verloren hatte. Ausgelutscht und fade. An drei Ecken war es mit rotem Klebeband an der Innenwand befestigt. Die andere Ecke rollte sich auf. Klagte ihn an.

Das erste Lächeln des heutigen Tages. Normal.

Er nahm das Magazin und tippte den Namen ab, der unter dem Foto auf der Titelseite stand. Er lächelte. War es normal? Auf dem Display bewegten sich Welten, Linien und Zahlenkolonnen, manche mit scheinbarer Lichtgeschwindigkeit. Sie poppten wie Luftblasen in einem Glas gefüllt mit Sprudel auf und rasten an ihm und seinen suchenden, hungernden Augen vorbei. Es beunruhigte ihn nicht. Es war normal.

Der Lagunennebel. 

Im Sternbild Schütze, da thronte M8, seine Welt. Ein Emissionsnebel, ein Reflexionsnebel, ein Sternentstehungsgebiet, Ja, Ja 6,0 mag, 6,0 mag. So weit entfernt. Ja, leider. So weit entfernt. Seine Vollformatkamera mit dem großen Sensor hing an seinem Teleskop, erwartungsvoll und ungeduldig. Die Welt da draußen gab es nicht. Hier war alles normal. Er war normal. Wer nicht hierher kam, nicht hierher kommen konnte oder wollte, war nicht von dieser Welt. Sollte doch bitte draußen bleiben und Briefmarken sammeln oder Seidenmalerei betreiben.

Die Fokussierung geschah von allein, seine Finger kannten die kleinsten Berührungen, die über Lichtjahre entschieden. Das Metall und die Kunststoffe, die seine Haut berührten, tasteten sich behutsam zu seiner Seele vor. Eine kurze Berührung über 5200 Lichtjahre.

Sie würde es nie verstehen.

Er schon.

In der langsamen Bewegung der Erdachse veränderte sich das Bild in der Dunkelheit. Punkte wanderten langsam, kaum merklich am Firmament seines gewählten Himmelsausschnitts entlang, über die niedrigen Baumkronen hinweg, verschwanden unter dem Horizont. Hier und da ging ein Licht an, es gingen Lichter aus, eine Katze schlich durch den Garten.

Es war eine angenehm kühle Nacht.

Es war eine normale Nacht. Er war ein normaler Mensch in einer normalen Nacht.

Nach einem langen Tag und einem langen Abend saß er auf seinem bequemen Drehstuhl, den er nach seinem Renteneintritt aus der Firma hatte mitnehmen dürfen. Das war nett. Er saß auf seinem langjährig geformten Stuhl, den alten Bekannten seines Gesäßes. Wie fast jeden Tag. Dann sah er wieder auf das Bild der Titelseite. Wie gemein perfekt. So oft hatte er es schon probiert. Jahr für Jahr. Der erste Lagunennebel dieses Jahres.

Wo da wohl ein Unterschied sei, hatte sie ihn gefragt. Letztes Jahr hatte sie sich herabgelassen, einen gelangweilten Blick auf drei seiner bearbeiteten Fotos zu werfen. Immer dasselbe. Sie verstehe das nicht. Da ändere sich doch nichts.

Heute sein erster Lagunennebel in diesem Jahr. Er hatte Verbesserungen an seinem langjährigen Begleiter vorgenommen. Das Teleskoptreffen, neue Ideen, und auch Neid. Neue Begierden. Er sah wieder auf das Titelbild.

Er ließ die stellare Maschinerie ihr Werk beginnen und wartete. Er könnte ins Haus gehen und ein wenig schlafen. Sein Freund würde auch ohne ihn weiter arbeiten. Treuer, zuverlässiger Freund eben. Doch er saß. Er saß und trank einen Schluck Kaffee. Eine Spinne kletterte über sein rechtes Bein. Es kitzelte. Er saß. Er starrte in die Dunkelheit. Es war ganz normal. Noch zwei Nächte und dann stacken. Facetten des Lebens übereinanderlegen. Das ging im normalen Leben nicht. Ach. Wirklich. Wie schade.

Leise arbeitete sein Freund. Er fing Facetten aus der Vergangenheit auf, um Gleichzeitigkeit zu erschaffen. Irreal. Er saß. Er schaute auf den Tubus. Er meinte, Karos zu sehen. Er kratzte sich am Arm. Die alte Stelle ging immer wieder auf. Lästig. Wieder Schorf. Er saß. Die Stirnlampe rutschte leicht. Er rückte sie zurück. Sie rutschte wieder. Er atmete entnervt tief aus.

Die erfrischende Luft streifte seine Wangen. Sie hinterließ eine kleine Spur Feuchtigkeit, die ihn zwischen den Bartstoppeln kitzelte.

Er wischte sie weg, an seiner Hose ab. Aus den Achtzigern.

Er stand auf. Sah durch die geöffnete Kuppel zu seinem Haus, zum Schlafzimmerfenster. Sie lag dort, schlief. Er sah zum Dach. Moosüberwuchert. Feuchtigkeit. Alt. Aus den Achtzigern. Auch dort war sie, auch im Garten, überall. Nicht nur im Haus.

In seiner rechten Brusttasche spührte die Speicherkarte, die nicht ihren vorbestimmten Platz erhalten hatte. Vergessen. Sie steckte zwischen den Krümeln des Kekses des letzten Astronomietreffens vor fünf Wochen und einem kleinen Schnipsel der abgerissenen Eintrittskarte.

Autorin: KC Osvici (copyright) – Version: 2022-08-15 – ein Feedback ist erwünscht.